Anmelder eines eingetragenen Designs (ehemals Geschmacksmuster) stehen häufig vor der Entscheidung, ob sie ihr Design mit einer farbigen Abbildung oder einer schwarz-weißen Abbildung bzw. in Graustufen schützen sollen. Diese Entscheidung ist für Produktdesign und Grafikdesign gleichermaßen wichtig.
Sicher, die farbige Abbildung eines Produktes sieht dem tatsächlich benutzten Design bzw. verkauften Erzeugnis am ähnlichsten; ist meist auch ästhetisch ansprechender. Doch die Aufgabe des amtlichen Designregisters ist nicht die eines Werbekataloges. Es geht darum sicherzustellen, einen möglichst weiten Schutzbereich für das eigene Design beanspruchen zu können. Nur so kann effektiv gegen Me-Too-Produkte vorgegangen werden. „Weiter Schutzbereich“ bedeutet in diesem Zusammenhang, nicht nur gegen identische Nachahmungen vorgehen zu können, sondern auch gegen Abwandlungen. Denn in den seltensten Fällen werden Designfälschungen völlig identisch nachgeahmt.
Die abstrakte Form als Designs schützen
Es gilt der Grundsatz: Geschützt ist nur das in der Designeintragung erkennbare. Um einen möglichst weiten Schutzbereich für das eigene Design zu erlangen, ist die abstrakteste Abbildung die hilfreichste. Das ist in der Regel die Abbildung in schwarz-weiß oder in Graustufen.
Der Bundesgerichtshof hat sich in seiner Entscheidung „Schreibstifte“ (Urteil vom 24.03.2011, I ZR 211/08) mit diesem Thema befasst:
Geklagt hatte der Schreibgerätehersteller „Senator“ aus seinen in schwarz-weiß eingetragenen Designs für Schreibstifte. Der Beklagte bot Werbekugelschreiber mit identischer Form, aber auf Kundenwunsch in unterschiedlichen Farben und mit unterschiedlichen Aufdrucken an.
Das OLG München als Vorinstanz hatte entschieden, dass durch die farbige Gestaltung der Nachahmungen das schwarz-weiße Geschmacksmuster (heute eingetragenes Design) nicht verletzt sei. Das sah der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung anders. Er führte aus, das OLG München habe als Vorinstanz die farbliche Gestaltung zu Unrecht bei der Beurteilung des Gesamteindrucks berücksichtigt und stellte fest:
„Ist die graphische Darstellung eines Musters in Schwarz-Weiß gehalten, ist bei der Verletzungsprüfung die angegriffene Form grundsätzlich von der farblichen Gestaltung zu abstrahieren, wenn nicht bei der angegriffenen Ausführungsform Kontrastfarben verwendet werden, die …“
Die Einschränkung bei Kontrastfarben bedeutet, dass Hell-Dunkel-Kontraste in einem eingetragenen Design Einfluss auf dessen Gesamteindruck haben können. Eine schwarz-weiß-Designeintragung ohne Kontrast schütz dagegen die abgebildete Form abstrakt.
Überlegungen vor der Designanmeldung
Der Anmelder eines eingetragenen Designs muss sich folglich die Frage stellen, ob er Schutz für
- das Design der äußeren Form seines Produktes,
- das Design der äußeren Form eines einzelnen Bauteils seines Produktes,
- die Oberflächenstruktur (z.B. für Kontrastabstufungen) oder
- einzelne grafische Gestaltungselemente
beanspruchen will.
Je detailreicher das Design angemeldet wird, umso enger ist der Schutz beschränkt auf das konkret eingetragene Design. Sinnvoll ist in der Regel, die äußere Form des Produktes und die grafische Gestaltung seiner Oberfläche als eigenständige Designs zu schützen.
Wird das Design jedoch zu abstrakt angemeldet, erhöht sich das Risiko, dass es bereits vor dem Tag der Anmeldung im Gesamteindruck identische Designs gab. Damit wäre das Design zum Zeitpunkt seiner Anmeldung nicht neu gewesen und jedermann ist berechtigt, dessen Löschung zu beantragen.
Ist sich der Anmelder über den Bestand vorbekannter Designs nicht sicher, empfiehlt sich ein abgestuftes Vorgehen. Im Rahmen einer Sammelanmeldung können
- die abstrakte Form eines Produktes,
- die abstrakte Form plus regelmäßig wiederkehrender Details in verschiedenen Abwandlungen sowie
- ganz konkrete auch farbig gestaltete konkrete Erzeugnisse gleichzeitig angemeldet werden.
Kosten des eingetragenen Designs
Im Rahmen einer Sammelanmeldung können beim Deutschen Patent- und Markenamt für die Grundgebühr von 60 € bis zu zehn verschiedene Abwandlungen als eingetragenes Design angemeldet werden. Für jede weitere Abwandlung wären zusätzliche Gebühren von je 6 € zu zahlen.
Erscheinen später Nachahmerprodukte am Markt, kann sich der Inhaber der eingetragenen Designs auf die für den konkreten Fall im Gesamteindruck ähnlichste Designeintragung berufen und verringert so sein Risiko, bei der Verfolgung der Plagiate zu scheitern.
Neben der Frage, ob ein Design in schwarz-weiß oder in Farbe geschützt werden soll, sind vor der Anmeldung weitere Fragen zu klären. Hierzu zählen die Darstellung mit identifizierenden Punktlinien, die Freistellung von verwässerndem Beiwerk, die Auswahl geeigneter Abbildungen, die Darstellung von verschiedenen Zuständen und Funktionen, die Vermeidung der Abbildung unterschiedlicher Designs etc.
(Quelle: BGH, Urteil vom 24.03.2011, Az. I ZR 211/08 – Schreibstifte)