Zu jeder Markenanmeldung gehört als wesentliche Vorbereitung die Recherche nach älteren Kennzeichen, mit denen eine Kollision bestehen könnte. Eine Kollisionslage kann nicht nur mit identischen angemeldeten oder eingetragen Marken bestehen, sondern auch mit ähnlichen Marken und anderen Kennzeichen (Unternehmensnamen, Etablissement-Bezeichnungen, Geschäftsabzeichen (Firmenlogos), Werktiteln etc.).
Wann besteht eine Kollision mit älteren Marken?
Entscheidend bei der Beurteilung einer Kollisionslage ist die Gefahr von Verwechslungen am Markt über die Herkunft des mit der Marke gekennzeichneten Produktes. Denn Aufgabe einer Marke ist es, ein Produkt von einem anderen zu unterscheiden. Die Marke ist der unverwechselbare Name einer Ware oder Dienstleistung; auch wenn es ähnliche Produkte aus anderen Betrieben geben sollte. Schokolade und Joghurts gibt es im Supermarkt viele verschiedene, aber nur ein bestimmter Hersteller darf seine Produkte „Milka“ oder „Müller“ nennen. Mit der Markenanmeldung begründet der Markenanmelder das Recht, die Marke nach ihrer Eintragung in das Register allein zu nutzen und anderen die Nutzung zu untersagen. Besteht eine Kollisionslage, gewinnt die Marke mit dem ältesten Zeitrang. Der Zeitrang ist in der Regel das Datum der Markenanmeldung.
Da eine Marke nicht nur als Schriftbild wahrgenommen wird, sondern zur Bezeichnung und Unterscheidung eines Produktes auch sprachlich verwendet wird, ist der Markenvergleich schriftbildlich, klanglich und von der Wortbedeutung her vorzunehmen. So würde eine mit „Vilka“ benannte Schokolade ohne Zweifel gegen die Rechte an der Marke „Milka“ verstoßen. Bei reinen Bildmarken (Logos) entfällt in der Regel der klangliche Vergleich.
Wer dagegen „Vilka“ als Produktbezeichnung für einen Stuhl wählt und durch die Markenanmeldung für sein Unternehmen sichert, wird mit der Marke „Milka“ für Schokolade nicht kollidieren. Denn die Verwechslung eines Stuhls mit einer Schokolade dürfte eher ein Fall für den Arzt denn für den Rechtsanwalt sein.
An diesem Beispiel ist zu sehen, dass nicht nur das Markenzeichen selbst über das Bestehen einer Kollisionslage entscheidet, sondern auch die damit gekennzeichneten Ware und Dienstleistung. Der Markenschutz besteht zunächst nur für die in der Markenanmeldung angegebenen Waren und Dienstleistungen. Nur wenn eine Marke eine hohe Bekanntheit hat, kann eine Kollision auch ohne Verwechslungsgefahr aufgrund unlauterer Rufausbeutung bestehen. Wer „Milka“ als Produktbezeichnung für einen Stuhl wählt und durch die Markenanmeldung für sich sichert, wird sicher mit der bekannten Marke „Milka“ für Schokolade unter dem Gesichtspunkt der unlauteren Rufausbeutung kollidieren.
Was prüft das Markenamt bei der Markenanmeldung?
Das Markenamt führt keine Kollisionsprüfung durch. Es prüft nur, ob gegen die Markeneintragung ein öffentliches Interesse besteht (beispielsweise bei allgemein beschreibende Angaben, Hoheitszeichen, Ortsnamen etc.); oder ob die in der Markenanmeldung angegebenen Waren und Dienstleistungen der amtlichen Klassifikation widersprechen. Liegt einer der beiden Fälle vor, wird die Markenanmeldung zurückgewiesen.
Beanstandet das Amt die Markenanmeldung nicht, wird die Marke beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) sofort in das Markenregister eingetragen; beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (HABM) der Europäischen Union nur die Markenanmeldung veröffentlicht.
Rechtsfolgen einer Markenanmeldung ohne Markenrecherche
In beiden Fällen schließt sich anschließend die dreimonatige Widerspruchsfrist an. Jedermann mit vermeintlich älteren Kennzeichenrechten kann nun gegen Zahlung der Widerspruchsgebühr (beim DPMA: 120 €; beim HABM: 350 €) Widerspruch gegen die Eintragung bzw. Anmeldung einlegen. Anwaltszwang besteht nicht. Wird der Widerspruch rechtzeitig eingelegt, prüft das Markenamt nun (erstmals) die vom Widersprechenden behauptete Kollisionslage. Stellt das Amt eine Kollision fest, wird beim DPMA die bereits eingetragene deutsche Marke wieder gelöscht und beim HABM die erst angemeldete europäische Gemeinschaftsmarke erst gar nicht in das Register eingetragen. Gegen die Entscheidung des Markenamtes kann Rechtsmittel eingelegt werden.
Das Widerspruchsverfahren vor dem Markenamt hat ein relativ geringes Kostenrisiko, weil es nur um den formalen Bestand der Markeneintragung im Register geht. Es ist ein reines Verwaltungsverfahren.
Ein erheblich höheres Kostenrisiko besteht, wenn es um die tatsächliche Nutzung im Verkehr der Marke oder der nicht als Marke eingetragene Produktbezeichnung geht; also um Aufdrucke auf Verpackungen, Produktbezeichnungen im online-Shop etc. Solche Kollisionen haben Schadenersatzansprüche zur Folge und müssen vor den Zivilgerichten verfolgt werden. Allein in der ersten Instanz liegt das Prozesskostenrisiko bei mindestens 10.000 €; in der Regel höher. Verstößt eine am Markt benutzte Produktbezeichnung gegen eine Markeneintragung, liegt eine Markenverletzung vor und der Verletzer hat an den Markeninhaber Schadenersatz zu leisten (Gewinnherausgabe oder fiktive Lizenz). Dem Nutzer der Produktbezeichnung hilft in einem solchen Fall nur eine eigene Markeneintragung mit älterem Zeitrang im Vergleich zur Marke des Anspruchstellers oder ein Lizenzvertrag mit dem Inhaber einer älteren Marke.
Zur Erinnerung: Der Zeitrang wird durch das Datum der Markenanmeldung bestimmt. Deshalb ist eine frühzeitige Markenanmeldung sinnvoll. Denn auch eine bereits benutzte Produktbezeichnung kann später von einem anderen als eigene Marke angemeldet und gegen den früheren Zeichennutzer eingesetzt werden. Nur in wenigen Ausnahmefällen bestehen Chancen, allein aufgrund einer Vorbenutzung (ohne Markenanmeldung) gegen eine solche (spätere) Markenanmeldung erfolgreich vorgehen zu können. In der Regel wird sich der Inhaber der eingeführten (älteren) Produktbezeichnung auf eine neue Produktbezeichnung umstellen müssen. Das kann erhebliche Kosten zur Folge haben, wenn neue Produktverpackungen, Werbematerialen, Visitenkarten etc. hergestellt oder Affiliate-Programme im Internet umgestellt werden müssen.
Warum werden Markenanmeldungen ohne Markenrecherche angeboten?
Obwohl zu jeder Markenanmeldung eine Markenrecherche gehört, können wirtschaftliche Überlegungen gegen eine professionelle Markenrecherche sprechen. Zumindest eine einfache Recherche nach identischen Zeichen kann Jedermann im Internet selbst durchführen. Die Markenregister von DPMA und HABM sind öffentlich nutzbar.
Schwierig wird es dagegen bei der Recherche nach ähnlichen Marken, Firmeneinträgen im Handelsregister und durch bloße Benutzung erworbene Kennzeichen wie Werktitel. Für den Laien nicht einschätzbar ist in der Regel das Kollisionsrisiko, wenn ältere Marken für andere Waren und Dienstleistungen als in der eigenen Markenanmeldung beabsichtigt eingetragen sind. Denn eine Kollision kann auch zwischen Waren einerseits und Dienstleistungen andererseits vorliegen; beispielsweise zwischen „Bekleidung“ (Klasse 25) einerseits und „Einzelhandelsdienstleistungen mit Bekleidung“ (Klasse 35) andererseits.
Es gibt Markenanmelder, die lassen es schlicht darauf ankommen. Sie halten eine professionelle Markenrecherche für schlecht investiertes Geld oder bloße Angstmache von Rechtsanwälten.
Es gibt aber auch Markenanmelder, die eine Produktbezeichnung ohne eingetragene Marke bereits seit Jahren nutzen. Online-Händler bei Amazon stellen dann irgendwann fest, dass sich andere Händler an ihr Verkaufsangebot „anhängen“ und sie keine Handhabe dagegen haben. Andere wollen vermeiden, durch eine Markenanmeldung von Dritten beim Verkauf ihrer eigenen eingeführten Produkte behindert zu werden. In beide Konstellationen sind dem Markenanmelder sowohl der Markt als auch die verwendeten Produktbezeichnungen sehr gut bekannt.
Selbst wenn dem Markenanmelder in dieser Situation bei einer professionellen Markenrecherche ein bislang unbekanntes Kollisionsrisiko mit ähnlichen älteren Marken bekannt wird, wird er nicht sofort auf eine neue Produktbezeichnung ausweichen. Denn wenn der Inhaber der älteren Marke gegen die Produktbezeichnung hätte vorgehen wollen, hätte er das bereits längst können. Offensichtlich hat ihn die Produktbezeichnung bislang nicht gestört, weil er eine Verwechslungsgefahr nicht sieht. Warum sollte ihn dann eine Markenanmeldung für diese bereits seit Jahren am Markt vertriebene Ware plötzlich stören? Der Schaden im Falle einer Markenverletzung besteht nicht in der formalen Eintragung einer jüngeren Marke im Register, sondern in der Benutzung als Produktbezeichnung am Markt.
In der Regel wird sich der Markenanmelder in dieser Konstellation dennoch oder gar erst recht nach einer betriebswirtschaftlichen Abwägung für eine Markenanmeldung entscheiden. Denn im Falle eines Widerspruchs gegen seine Markenanmeldung wäre dann zeitnah geklärt, ob er das Zeichen in Zukunft weiter benutzen kann oder nicht. Eine Markenanmeldung mit professioneller Markenrecherche wäre dann lediglich „nice to have“, aber ohne Konsequenzen für das eigene Handeln. Ob die Ersparnis von rund 400 € für eine professionelle Markenrecherche die Risiken rechtfertigt, muss jeder Markenanmelder für sich selbst entscheiden.
Ihr direkter Weg zur Markenanmeldung: