Markenschutz für Schweizer Unternehmen in der Europäischen Union durch EU-Marke

Markenschutz in der EU für Schweizer UnternehmenSchweizer Unternehmen haben ihren Absatzmarkt häufig in Frankreich, Deutschland oder Italien. Das gilt für Lebensmittelriesen wie für mittelständische Möbelhändler und andere Branchen gleichermaßen. Doch der über das Eidgenössische Institut für Geistiges Eigentum in Bern erlangte Markenschutz gilt nur in der Schweiz.

Markenschutz außerhalb der Schweiz

Gegen Nachahmer oder rein zufällige Nutzer derselben Marke in den Nachbarländern besteht kein Schutz aus der Schweizer Marke. Der möglicherweise erst später begründete Markenschutz von Wettbewerbern in den Nachbarländern kann dort zu einem Benutzungsverbot der in der Schweiz etablierten Marke führen. Schweizer Unternehmen sind dann gezwungen, ihre Produkte im Ausland unter einer anderen Bezeichnung als in der Schweiz zu vertreiben. Das führt zu höheren Aufwand und Kosten.

Eine Lösung wäre die Anmeldung verschiedener nationaler Marken in den jeweiligen Ländern. Doch dann wird für jedes Land ein eigener Inlandsvertreter benötigt und die Kommunikation erfolgt in der jeweiligen Landessprache. Der Markenschutz muss im Falle einer Markenverletzung in jedem Land separat nach den dortigen Regeln durchgesetzt werden.

Einfacher in der Verwaltung und in der Regel auch kostengünstiger ist eine europäische Unionsmarke (meist EU-Marke genannt). Der Markenschutz besteht einheitlich im gesamten Gebiet der Europäischen Union. Wird die EU-Marke von einem Wettbewerber in verschiedenen EU-Ländern verletzt, kann der Markenschutz aus der europäischen Unionsmarke vor lediglich einem Gericht innerhalb der Europäischen Union in allen Ländern verteidigt werden. Wird der Markenschutz beispielsweise vor dem Landgericht Berlin eingeklagt, kann das deutsche Gericht die unberechtigte Nutzung der EU-Marke auch in Frankreich und Italien verbieten. Lediglich die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil muss im jeweiligen Land durchgeführt werden.

Als dritte Variante bietet sich die internationale Erstreckung der Schweizer Marke über die Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) auf einzelne Länder an. Doch handelt es sich dabei lediglich um ein zentral verwaltetes Bündel verschiedener nationaler Marken. Im Verletzungsfall muss der Markenschutz in jedem Land nach dessen Regeln separat eingeklagt werden. Kommt es zu einer Beanstandung durch ein nationales Markenamt, muss letztlich doch ein Inlandsvertreter bestellt und die Kommunikation in der jeweiligen Landessprache geführt werden. Für den Markenschutz in nicht EU-Ländern ist die internationale Erstreckung der Schweizer Marke sicher die effektivste Variante, um Markenschutz zu erlangen.

Doch die internationale Erstreckung auf einzelne EU-Länder ist nur in Ausnahmefällen sinnvoll. Die europäische Gemeinschaftsmarke wird wie die Schweizer Marke nach Ablauf der dreimonatigen Widerspruchsfrist rechtsbeständig eingetragen. Bei einer international erstrecken Marke können die nationalen Markenämter dagegen noch innerhalb von 18 Monaten Beanstandungen erheben. Solange besteht Rechtsunsicherheit über den Bestand der Marke. Auch die Kosten sprechen für die EU-Marke: Die amtlichen Gebühren für die europäische Unionsmarke betragen 850 € (ca. 930 CHF). Die amtlichen Gebühren für die internationale Erstreckung auf die gesamte Europäische Union betragen dagegen 1.864 CHF; die Erstreckung nur auf Deutschland, Österreich und Frankreich kostet ebenfalls bereits 1.053 CHF.

Kann ein Schweizer Unternehmen EU-Markenschutz beantragen?

Natürliche und juristische Personen aus der Schweiz können Markenschutz in der Europäischen Union beantragen. Die rechtsbeständig eingetragene europäische Gemeinschaftsmarke gewährt Schutz in der gesamten Europäischen Union. Das Markenregister wird beim Amt der Europäischen Union für Geistiges Eigentum (EUIPO) mit Sitz an der spanischen Costa Blanca in Alicante geführt. Nach Alicante muss für die Anmeldung jedoch niemand fahren. Die Anmeldung kann über die Internetseite eingereicht werden.

Allerdings benötigen Unternehmen mit Sitz außerhalb der Europäischen Union, also auch Unternehmen mit Sitz in der Schweiz, zwingend einen Vertreter mit Sitz innerhalb der Europäischen Union. Nur wenn das Unternehmen eine „nicht lediglich zum Schein bestehende Niederlassung innerhalb der Europäischen Union“ unterhält, kann der Markenschutz über die Niederlassung in der Europäischen Union beantragt werden.

Als Vertreter kann jeder Rechtsanwalt mit Sitz innerhalb der Europäischen Union beauftragt werden. Im Internet lassen sich zahlreiche Offerten von deutschen und französischen Rechtsanwälten an Schweizer Unternehmen finden. Soweit keine eigenständige Beratung oder Markenrecherche benötigt wird, übernehmen Rechtsanwälte die Vertretung ab 100 CHF.

Die EU-Markenanmeldung kann in jeder Amtssprache der Mitgliedsländer der Europäischen Union beim europäischen Markenamt eingereicht werden. Für den Fall von Markenkonflikten ist jedoch zwingend eine der folgenden Sprachen als Zweitsprache anzugeben: Spanisch, Deutsch, Englisch, Französisch oder Italienisch. Etwaige Widerspruchsverfahren oder Löschungsverfahren werden dann in der jeweils angegebenen Zweitsprache durchgeführt.

Kosten der EU-Markenanmeldung

Auch ohne Vertreter innerhalb der Europäischen Union kann ein Schweizer Unternehmen EU-Markenschutz auf dem Wege der internationalen Erstreckung erlangen. Doch betragen allein die amtlichen Gebühren für die internationale Erstreckung 1.864 CHF.

Wird die EU-Marke dagegen direkt beim europäischen Markenamt in Alicante angemeldet, fallen lediglich 850 € (ca. 930 CHF) an amtlichen Gebühren und weitere 100 CHF für den anwaltlichen Vertreter innerhalb der Europäischen Union an. Die vorgenannten Kosten sind die in jedem Fall zu zahlenden Grundgebühren und gelten für die Anmeldung der EU-Marke in bis zu drei Waren- und Dienstleistungsklassen. Für jede weitere Klasse fallen amtliche Gebühren von je 150 € (ca. 160 CHF) an.

Das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis der EU-Marke

Die Klassifikation der Waren und Dienstleistungen, für die Markenschutz beansprucht werden soll, folgt grundsätzlich nach denselben Regeln wie bei der Schweizer Marke. Alle Waren und Dienstleistungen sind in 45 verschiedene Klassen einzugruppieren. Nur für die in der Markenanmeldung benannten Waren und Dienstleistungen kann später Markenschutz beansprucht werden.

Da die Klassifikation international einheitlich nach der Nizza-Klassifikation erfolgt, kann bei der Anmeldung der EU-Marke in der Regel das für die bereits beim Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum eingetragene Marke bestehende Waren- und Dienstleistungsverzeichnis verwendet werden. Gelegentlich sind redaktionelle Anpassungen vorzunehmen. So sind die in der Schweiz in Nizza-Klasse 35 eingetragene „Detailhandelsdienstleistungen“ bei einer in deutscher Sprache beim europäischen Markenamt eingereichten Markenanmeldung als „Einzelhandelsdienstleistungen“ zu bezeichnen.

Formelle Eintragungshindernisse der EU-Marke

Die formellen Eintragungshindernisse werden beim europäischen Markenamt in der Regel weniger streng geprüft als beim Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum. So können beispielsweise auch Logos mit der Abbildung eines Kreuzes als EU-Marke angemeldet werden, während dies vom Schweizer Markenamt in der Regel verwehrt wird. Generell gelten jedoch bei beiden Ämtern dieselben Regeln, dass Hoheitszeichen und rein beschreibende Angaben im Interesse der Allgemeinheit nicht als Marke eingetragen werden können.

Eine Herausforderung bei der EU-Marke ist, dass die formelle Eintragungsfähigkeit in allen Sprachen innerhalb der Europäischen Union vorliegen muss. Ein schönes Beispiel ist die Entscheidung zur Eintragungsfähigkeit der Marke „SEAT“ für Autositze. In Spanien ist es eine Automarke, in Großbritannien die beschreibende Bezeichnung für Sitze. Möglicherweise war dann doch der Sitz des europäischen Markenamtes in Spanien entscheidend, die Marke letztlich doch zur Eintragung zuzulassen.

Der Zeitrang des Markenschutzes in der Europäischen Union

Kommt es zu einem Konflikt zwischen verschiedenen Marken, obsiegt die Marke mit dem älteren Zeitrang. In der Regel ist der Zeitrang (auch Priorität genannt) identisch mit dem Anmeldetag der Marke. Hiervon gibt es jedoch Ausnahmen. So kann der Anmeldetag einer Schweizer Marke auch als Priorität für eine spätere EU-Marke beansprucht werden. Das ist jedoch nur möglich, wenn die EU-Marke innerhalb von sechs Monaten nach Anmeldung der Schweizer Marke angemeldet wird.

In der Regel wird ein Schweizer Unternehmen seine Marke zunächst in der Schweiz anmelden. Um etwaige Kollisionen sowohl auf dem Markt in der Schweiz als auch in der Europäischen Union zu vermeiden, sollte bereits im Rahmen der Schweizer Anmeldung eine umfassende Markenrecherche für die gesamte Europäische Union erfolgen. Ist der Markenschutz auf dem Heimatmarkt in der Schweiz erfolgreich begründet, kann innerhalb von sechs Monaten die EU-Marke ohne neue Kollisionsrisiken angemeldet werden. Durch die Übernahme der Schweizer Priorität für die EU-Marke besitzen alle anderen jüngeren Markenanmeldungen innerhalb der Europäischen Union zu einem Zeitpunkt nach Anmeldung der Schweizer Marke eine jüngere Priorität und müssen dem prioritätsälteren Markenschutz weichen, obwohl die EU-Marke des Schweizer Unternehmens später angemeldet wurde. Die Angabe des Prioritätsdatums sollte bei der EU-Markenanmeldung nicht vergessen werden.

Markenrecherche vor der Anmeldung einer EU-Marke

Vor jeder Markenanmeldung sollte eine Markenrecherche durchgeführt werden. Denn im Kollisionsfall wird die im Zeitrang jüngere Marke gelöscht und deren Benutzung untersagt. Damit sind nicht nur die Kosten der Markenanmeldung verloren, sondern auch die getätigten Marketingausgaben. Auch der Druck neuer Verpackungen, Kataloge und Briefköpfe kostet Geld.

Eine Kollision kann nicht nur mit identischen Marken, sondern auch mit verwechslungsfähigen ähnlichen Marken bestehen. So würde die fiktive Marke „Vilka“ für Schokolade ohne Zweifel mit der älteren Marke „Milka“ kollidieren.

Die Markenrecherche nach identischen Marken ist relativ einfach und sollte von jedem Markenanmelder noch vor der Beauftragung einer professionellen Ähnlichkeitsrecherche selbst durchgeführt werden. Neben einer Benutzungsrecherche bei Google und Amazon sind die im Internet erreichbaren Datenbanken der Markenämter die erste Anlaufstelle. Bei der EU-Marke ist zu beachten, dass Kollisionen nicht nur mit anderen EU-Marken bestehen können. Kollisionen können auch mit lediglich national geschützten Kennzeichen innerhalb der Europäischen Union bestehen. Folglich müssen auch alle nationalen Marken innerhalb der Europäischen Union sowie die bei der WIPO eingetragenen international erstrecken Marken mit Schutz innerhalb der Europäischen Union bei der Risikobewertung berücksichtigt werden.

Hier gilt es einen wirtschaftlich sinnvollen Kompromiss zu finden. Eine umfassende Recherche in allen EU-Mitgliedstaaten ist sehr aufwendig und teuer. Hierbei können ohne weiteres mehrere 1.000 CHF anfallen. Wer ein Vielfaches in die Marke zu investieren beabsichtigt, sollte vor einer solchen professionellen Recherche nicht zurückschrecken.

Wenn der Verlust der Marke und die sich anschließende Umbenennung lediglich mit Kosten von wenigen 1.000 CHF verbunden ist, sollten zumindest die offensichtlichsten Kollisionsrisiken ausgeschlossen werden. So bietet der Autor dieses Artikels auf seiner Internetseite das Leistungspaket „Markenanmeldung (EU) Komfort“ für 599 € (ca. 640 CHF) an. Darin ist eine Ähnlichkeitsrecherche für Deutschland, Österreich und die Schweiz sowie eine Recherche nach im Wortstamm identischen Marken in allen Ländern innerhalb der Europäischen Union enthalten. Für den deutschsprachigen Raum genügt die Recherche damit professionellen Ansprüchen. Sollte es eine Kollision im Ähnlichkeitsbereich beispielsweise in Portugal geben, besteht genügend Spielraum mit dem Inhaber des Markenschutzes in Portugal eine räumliche Abgrenzungsvereinbarung zu verhandeln.

Markenschutz durch Wortmarke oder Wort-/Bildmarke

In der Regel ist der Markenschutz für den reinen Wortlaut wichtiger als für ein Logo. Denn der Wortlaut ist das, was am Markt ein Produkt von einem anderen unterscheidet. Der Verkehr wird sich gewöhnlich des Wortlautes der Marke bedienen und nicht die Grafik beschreiben.

Wird nun statt der reinen Wortmarke eine kombinierte Wort-/Bildmarke angemeldet, kann die grafische Ausgestaltung den Wortlaut verwässern. Es gibt Logos, in denen der Wortlaut nicht auf den ersten Blick erfassbar ist. Bei solchen Marken ist fraglich, ob der reine Wortlaut selbst Markenschutz beanspruchen kann. Im schlimmsten Fall stellt der Richter in einem Verletzungsprozess fest, dass der reine Wortlaut nicht genügend Unterscheidungskraft für die Begründung eines eigenständigen Markenschutzes besitzt. Der Markenschutz beschränkt sich dann auf das Logo als Ganzes einschließlich seiner grafischen Ausgestaltung. Selbst wenn eine Grafik oder der Wortlaut von Dritten übernommen wird, ist die Übernahme eines Logos als Ganzes eher die Ausnahme. Der Markenschutz aus der kombinierten Wort-/Bildmarke ist dann auf solche Ausnahmefälle beschränkt.

Meist sinnvoller ist es, den Wortlaut als reine Wortmarke anzumelden. Nur wenn die Grafik als eigenständiges Erkennungszeichen am Markt durchgesetzt werden soll (beispielsweise die berühmten drei Streifen auf Turnschuhen und Sportbekleidung), ist die Anmeldung einer Grafik als Marke sinnvoll. Soweit sich die Grafik vom Wortlaut trennen lässt, sollte dann die Grafik als reine Bildmarke ohne Wortbestandteil angemeldet werden. So verwässern sich die Erkennungszeichen nicht gegenseitig.

Ferner ist die Trennung von Wortlaut und Grafik auch aufgrund der Benutzungspflicht für Marken sinnvoll. Nur in den ersten fünf Jahren besteht eine Benutzungsschonfrist. Werden Marken länger als fünf Jahre nicht in der eingetragenen Form benutzt, verfallen sie wegen Nichtbenutzung. Bei der EU-Marke ist dann jedermann berechtigt, die Löschung der Marke zu beantragen. Gerade bei kombinierten Wort-/Bildmarken ist die Wahrscheinlichkeit eines Redesigns im Laufe der Zeit sehr wahrscheinlich.

In solchen Fällen müsste das überarbeitete Logo jedes Mal neu als Marke angemeldet werden. Bei jeder Neuanmeldung wird der Markenschutz mit dem jüngeren Zeitrang des neuen Anmeldetages neu begründet und der ältere Zeitrang geht wegen Nichtbenutzung verloren. Zwischenzeitlich angemeldete auch ähnliche Marken könnten dann Markenschutz gegen die jüngere Neuanmeldung geltend machen.

Zum Markenschutz in der Europäischen Union für Schweizer Unternehmen ab 100 CHF:

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