Zum Begriff des Geschmacksmusters
Um Missverständnisse zu vermeiden, sollen zunächst die Begriffe korrekt eingeordnet werde: Das „Geschmacksmuster“ ist ein Begriff aus dem deutschen Recht. Es war im Jahre 1876 das erste in Deutschland gesetzlich geregelte gewerbliche Schutzrecht zum Schutz von Designs.
Der Begriff leitet sich ab von den früher so bezeichneten Mustermessen. Seit dem 01.01.2014 gibt es den Begriff im deutschen Recht nicht mehr. Das „Geschmacksmuster“ wurde begrifflich ersetzt durch das „eingetragene Design“, das Geschmacksmustergesetz wurde ersetzt durch das Designgesetz. Inhaltlich hat sich jedoch nichts geändert; lediglich einige Verfahrensregeln angepasst. Das „eingetragene Design“ gewährt seinem Inhaber Schutz innerhalb der Bundesrepublik Deutschland.
Seit dem 01.04.2003 gibt es parallel zum deutschen Geschmacksmuster das europäische Gemeinschaftsgeschmacksmuster. Inhaltlich ist es mit dem deutschen Geschmacksmuster bzw. nun eingetragenen Design identisch. Der Schutz erstreckt sich jedoch auf die gesamte Europäische Union und nicht lediglich auf die Bundesrepublik Deutschland.
Das europäische Gemeinschaftsgeschmacksmuster gibt es in zwei Varianten:
- einmal als eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster und
- parallel als nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster.
Da das Gemeinschaftsgeschmacksmuster in der englischen Originalfassung der Gemeinschaftsgeschmacksmusterverordnung (GGV) „Registered Community Design“ (RCD) heißt und lediglich in der deutschen Übersetzung mit Geschmacksmuster bezeichnet wird, dürfte es nur eine Frage der Zeit bis zur Umbenennung des “Gemeinschaftsgeschmacksmusters“ in „Gemeinschaftsdesign“ oder einen ähnlichen Begriff sein.
Ziel und Zweck des Geschmacksmusters
Durch das Geschmacksmuster bzw. eingetragene Design wird
„die zweidimensionale oder dreidimensionale Erscheinungsform eines ganzen Erzeugnisses oder eines Teils davon“
geschützt (§ 1 Nr. 1 Designgesetz). Salopp gesprochen: Es ist das kleine Urheberrecht der Produktdesigner, Werbegrafiker und Mediaagenturen. Das Urheberrecht schützt die hohe Kunst, das Geschmacksmusterrecht bzw. Designrecht ambitioniertes Handwerk. Über die Grenzen zwischen beiden lässt sich im Detail streiten.
Anders als das Urheberrecht setzt das Geschmacksmuster bzw. eingetragene Design keine Schöpfungshöhe voraus. Für den Schutz ausreichend ist lediglich das Vorhandensein eines Unterschieds zu vorbekannten Designs. Dafür ist die Schutzdauer des Geschmacksmusters bzw. eingetragenen Designs befristet auf maximal 25 Jahre. Im Urheberrecht endet der Schutz dagegen erst 70 Jahre nach Tod des Urhebers.
Schutzfristen des eingetragenen und des nicht eingetragenen Geschmacksmusters
Der Schutz eines eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmuster bzw. eingetragenen Designs kann in Fünfjahresschritten bis maximal 25 Jahre verlängert werden. Der Schutz eines nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters endet mit Ablauf von drei Jahren ab dem Zeitpunkt seiner ersten Offenbarung (Präsentation in der Öffentlichkeit).
Kosten des eingetragenen und des nicht eingetragenen Geschmacksmusters
Für das nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster fallen keine amtlichen Kosten an, weil es keiner amtlichen Registrierung bedarf. Allerdings sollte nicht vergessen werden, dass es nur bei aktiver Beweissicherung erfolgreich durchgesetzt werden kann. Diese privat vorzunehmende Beweissicherung verursacht in den meisten Fällen ebenfalls Kosten.
Die amtliche Ersteintragung in Deutschland kostet pro Design 6 €, mindestens jedoch 60 €. Das heißt, ob mit einer Anmeldung ein Design, drei Designs oder zehn verschiedene Designs angemeldet werden, ist für die Anmeldegebühren ohne Unterschied. Für die erste Verlängerung nach fünf Jahren ist eine Gebühr von 90 € pro Design zu bezahlen.
Die amtliche Ersteintragung für die Europäische Union kostet 350 € und für jedes weitere Design innerhalb derselben Anmeldung 175 €. Für die erste Verlängerung nach fünf Jahren ist ebenfalls eine Gebühr von 90 € pro Design zu bezahlen.
Schutzvoraussetzungen der „verschiedenen“ Geschmacksmuster
Das eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster bzw. eingetragene Design muss zum Zeitpunkt seiner Anmeldung neu sein; sich für den informierten Benutzer in seinem Gesamteindruck von vorbekannten Designs unterscheiden. Hierbei gilt zugunsten des Entwerfers eine Neuheitsschonfrist von zwölf Monaten. Die Einhaltung dieser Voraussetzungen wird vom Amt bei der Anmeldung nicht geprüft und es gilt die gesetzliche Vermutung der Gültigkeit der Eintragung.
Jedoch ist Jedermann im öffentlichen Interesse berechtigt, bei fehlender Neuheit zum Zeitpunkt der Anmeldung die Nichtigkeit der Eintragung nachträglich feststellen zu lassen. Wer einen solchen Nichtigkeitsantrag stellt, muss beim DPMA für deutsche Designeintragungen eine Gebühr von 300 € und beim HABM für europäische Gemeinschaftsgeschmacksmuster eine Gebühr von 350 € entrichten. Zusätzlich muss er den Nachweis der fehlenden Neuheit zum Zeitpunkt der Anmeldung führen. Kann der Nachweis nicht geführt werden, bleibt die Eintragung als Gemeinschaftsgeschmacksmuster bzw. eingetragenes Design bestehen.
Damit ist das eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster bzw. eingetragene Design ein sehr starkes Schutzrecht.
Solche gesetzliche Vermutungen gibt es nicht für das nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster. Wer sich auf den Schutz als nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster beruft, muss im Streitfall beweisen, dass er der Entwerfer ist oder vom Entwerfer zur Inanspruchnahme des Schutzrechts ermächtigt wurde. Gelingt ihm der Nachweis nicht, verliert er den Rechtsstreit.
Anders als das eingetragene Geschmacksmuster bzw. eingetragene Design entsteht der Schutz als nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster nur dann, wenn die erste Offenbarung (Bekanntgabe gegenüber der Öffentlichkeit) innerhalb der Europäischen Union erfolgte. Erfolgte die erste Offenbarung in der Schweiz, den USA oder in China, entsteht ohne amtliche Eintragung kein Schutz als nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster.
Verbotsansprüche aus eingetragenem und nicht eingetragenen Geschmacksmuster
Das eingetragene Geschmacksmuster bzw. eingetragene Design hat eine absolute Schutzwirkung. Mit ihm kann der Vertrieb eines jeden im Gesamteindruck identischen Erzeugnisses innerhalb der gesamten Europäischen Union bzw. innerhalb der Bundesrepublik Deutschland untersagt werden. Zusätzlich hat der Hersteller und jeder Verkäufer des Plagiats seinen Gewinn an den eingetragenen Inhaber des Geschmacksmusters herauszugeben oder Lizenzschaden zu zahlen. Das gilt auch dann, wenn der Hersteller oder Händler des Plagiats keine Kenntnis von der Eintragung des Geschmacksmuster hatte.
Dagegen hat das nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster lediglich eine relative Schutzwirkung. Es schützt lediglich vor bewussten Nachahmungen und nicht gegen zufällige Parallelentwicklungen. D.h., der Plagiator muss das Original gekannt haben, um das nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster verletzen zu können. Auch hierfür trägt die Beweislast derjenige, der sich auf das nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster beruft.
Fazit: Das nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster ist ein sehr schwaches Schutzrecht. Für einen effektiven Schutz gegen Nachahmer oder nicht autorisierte Parallelimporte sollte deshalb zumindest die Eintragung als eingetragenes Design in Deutschland mit den damit verbundenen sehr niedrigen Kosten von lediglich 6 € pro Design vorgenommen werden. Mithilfe dieser deutschen Eintragung lässt sich dann auch in der übrigen Europäischen Union das nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster leichter wahrnehmen.